Viele Anleger, die in den vergangenen Jahren den Edelmetallmärkten den Rücken zugekehrt hatten, kehren langsam ins Lager der Interessierten zurück. Dies legen zumindest die Bestände der auf Edelmetalle spezialisierten börsengehandelten Fonds (ETFs) nahe.
Die folgenden Charts zeigen die Veränderungen der Bestände der Edelmetall-Fonds sowie die Entwicklung der Preise in den letzten Jahren.
Sowohl beim Gold als auch beim Silber und Platin haben die Bestände neue Mehrjahreshochs markiert. Beim Platin wurden trotz deutlich rückläufiger Notierungen erstaunlich umfangreiche Bestände aufgebaut. Hier sind angesichts der Volumina und der Dynamik vermutlich nicht nur Kleinstsparer am Werk.
Der große Abweichler ist das Palladium. Trotz der langjährigen Hausse des Palladiums schrumpften die Fondsbestände stetig. Diese Entwicklung hat sich in den letzten Wochen erstmals wieder umgekehrt. Vom letzten Tiefpunkt legten die Bestände um acht Prozent zu, befinden sich jedoch immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau. Im langfristigen Chart ist die aktuelle Erholung der Bestände bisher nur ein kaum sichtbarer Aufwärtshaken.
Neben den Beständen sind auch die Sätze, die für die Leihe des Metalls anfallen, wieder auf dem Weg nach Norden. Seit dem Beginn der akuten Phase des aktuellen Bullenmarktes hat sich die Struktur der Lease-Rates deutlich verändert. Sowohl das Niveau als auch die Schwankungsbreite sind deutlich sichtbar in eine neue Phase eingetreten.
Ergänzend sei angemerkt, wie knapp die Versorgungslage beim Palladium ist. Sollten Anleger ihre Bestände in den ETFs wieder auf die Werte von 2015 hochfahren, so würden die dafür notwendigen Mengen das Fünffache des aktuellen Jahresdefizits betragen. Wo das Metall herkommen soll? Sehr gute Frage!
Auch die Verlautbarungen des Top-Produzenten Nornickel aus Russland deuten nicht auf eine Entspannung hin. Der Markt bleibt eng und der Produzent erwartet keine Verbesserung der Situation. Folglich gibt es auch für die industriellen Nutzer keinerlei Hinweise, die zu einem ruhigeren Puls beitragen könnten. Im Gegenteil, die zunehmenden Engpässe dürften den einen oder anderen, der bisher geschlafen hat, zum Aufbau von Notreserven verleiten.
(Reuters, 20.8.2019) “The global palladium market will remain in structural deficit this year, Russia's Norilsk Nickel (Nornickel) said on Tuesday as it reported an 81 % leap in first-half net profit.
The company expects a global palladium deficit of 600,000 troy ounces for 2019 because of growing demand from the autos sector on the back of tighter emission regulations in all major markets. Palladium is used mainly in emissions-capping catalytic converters for automobiles.“
Übersetzung der Red.: “Der globale Palladiummarkt wird auch in diesem Jahr ein strukturelles Defizit aufweisen, wie die russische Norilsk Nickel (Nornickel) am Dienstag verkündete, als sie einen 81 prozentigen Sprung beim Reingewinn im ersten Halbjahr verzeichnete.
Das Unternehmen erwartet für 2019 ein globales Palladiumdefizit von 600.000 Feinunzen, da die Nachfrage aus dem Automobilsektor aufgrund verschärfter Emissionsvorschriften in allen wichtigen Märkten steigt. Palladium wird hauptsächlich in emissionsverhindernden Katalysatoren bei Automobilen eingesetzt."
Da die Menge des eingesetzten Palladiums pro Automobil überschaubar ist, kommt es auf ein paar Dollar mehr oder weniger kaum an. Dumm und außerordentlich teuer wäre es jedoch, wenn aufgrund eines Mangels eine ganze Prozesskette zum Stillstand käme. Bis alle Menschen weltweit außerhalb Berlin-Friedrichshain auf Elektroroller umsteigen, dürfte es eben noch eine Weile dauern.
In der Zwischenzeit kann man sich ganz in Ruhe mit Kupfer, Lithium und – oh Schreck! - Uran beschäftigen. Aber wie es am Finanzmarkt nun einmal so ist. “Things matter when they matter”. Immer hübsch ein Thema nach dem anderen, bevor man sich verzettelt.
Angesichts der aufgrund der zwar oft zitierten, technisch aber nicht ganz so einfachen und vor allem nicht über Nacht umsetzbaren Substituierbarkeit des Metalls durch Platin, dürfte es im Falle eines weiter anhaltenden und nennenswerten Ausbaus der ETF-Positionen zu massiven Kursveränderungen kommen.
Kommentare
danke für Ihren Kommentar.
Technisch können (und wollen) wir nicht beurteilen, wie einfach so ein Wechsel ist. Wir können dazu nur die einschlägigen Meinungen (Department of Energy, Johnson Matthey, etc.) heranziehen. Sicher ist, er wird sich schon auf Grund der Prozessketten nicht innerhalb weniger Wochen vollziehen lassen. Da gibt es noch einige "hättes" und "wäres" auf dem Weg, offenbar auch rechtlich.
Schlussendlich gibt es immer einen Preis, bei dem der Schmerz zu groß wird. Relevant sind daher vorerst (a) der sichtbare Schmerz einiger Marktteilnehmer, die offensichtlich falsch positioiniert sind, (b) die in keiner Weise extremen spekulativen Positionen (bemerkenswert angesichts des Bullenmarktes) sowie (c) die extrem niedrigen ETF- Holdings und anziehende Lease-Rate.
Ansonsten hilft bekanntlich nichts so gut gegen hohe Preise wie hohe Preise. Wie weit der Weg zum maximalen Schmerz noch ist, bleibt abzuwarten. Der Markt für das Metall ist geradezu winzig klein. Daher sind die Schwankungen naturgemäß deutlich größer, als sich das mancher vorher vorstellen kann. Und auch die großen Zulieferer für die Autoindustrie fördern Ihre Grundstoffe nicht selbst.
Die Situation beim Palladium ist daher spannend, weil man nicht weiß, wie weit es noch aufwärts geht. Beim Platin sind die Bestandsveränderungen der ETFs trotz sinkender Kurse und damit einer deutlichen relativen Verbilligung des Metalls perspektivisch mindestens genauso spannend.
Beste Grüße und viel Erfolg
Bankhaus Rott
unser Beitrag hat nicht nur einen spekulativen touch, er ist rein spekulativ und auf die möglichen Preisentwicklungen bezogen. Bevor die Neuigkeiten zu Veränderungen in den Produktionsprozessen vermeldet werden, können wir sicher sein, die entsprechenden Veränderungen beim Preis zu sehen.
Unsere Äußerungen zu den Umstellungen der Produktionsprozesse lautete wie folgt:
"Angesichts der aufgrund der zwar oft zitierten, technisch aber nicht ganz so einfachen und vor allem nicht über Nacht umsetzbaren Substituierbarkeit des Metalls durch Platin"
Diese Äußerung halten wir für die meisten industriellen Fertigungsprozesse für korrekt. Sollte ein Ingenieur diesbezüglich detaillierte Informationen beisteuern können, freuen wir uns natürlich rein interessehalber.
Für unseren Ansatz sind bei Rohstoffen die Preisveränderungen, die Terminkurven und teilsweise die Futures-Positionierungen der Commercials interessant. Im Falle der Rohstoff-ETFs ist die Veränderung der Holdings vor allem deshalb betrachtenswert, weil sie bei den verschiedenen Metallen so unterschiedlich verläuft und das Verhältnis der Veränderungen zum Gesamtangebot nennenswert ist. Ein Signalgeber ist sie deshalb für uns ebensowenig wie die Aussage eines verarbeitenden Industriekonzerns. Das ist vom Markt aus unserer Sicht schlichtweg zu weit weg.
Beste Grüße
Bankhaus Rott
Von daher können wir nur
Wir verfolgen (nicht nur) den Palladium Markt natürlich schon länger, wenn es die Zeit hergab haben wir dies auch bei CK festgehalten. Falls also jemand Interesse an den vorherigen Artikeln hat, hier sind einige kürzere der letzten Jahre zum Palladium:
13.12.2017
https://www.cashkurs.com/rohstoff-und-edelmetallwelt/beitrag/palladium-ein-gibt-doch-glanz-bei-den-edelmetallen/
26.09.2018
https://www.cashkurs.com/rohstoff-und-edelmetallwelt/beitrag/heureka-ein-edelmetall-das-teurer-wird/
13.12.2018
https://www.cashkurs.com/rohstoff-und-edelmetallwelt/beitrag/extremsportler-palladium/
10.07.2019
https://www.cashkurs.com/rohstoff-und-edelmetallwelt/beitrag/palladium-steigt-etf-bestaende-verdampfen/
17.09.2019
https://www.cashkurs.com/rohstoff-und-edelmetallwelt/beitrag/signale-der-edelmetall-etfs/
Beste Grüße und ein schönes Wochenende
Bankhaus Rott
Viele Grüße
B.S.P.
wie hoch sind denn ungefähr die Kosten für PAL pro PKW bzw. welche Menge wird benötigt? Eine halbe Unze? Das kann man dann ins Verhältnis setzen zum Preis eines beliebigen PKW und den prozentualen Anteil der Kosten errechnen.
hier eine Aussage von Johnson Matthey.
"The catalyst formulation and loading used will vary greatly from one vehicle to another, based on the engine's control strategy, the relevant emissions control legislation, the engine's size and where the catalyst is positioned on the car. The worldwide average platinum group metal content is around 4-5 grams per car, but the range is very wide - from 1 g on microcars to 15 g or more for large, powerful vehicles. Most gasoline-fuelled vehicles use a combination of palladium and rhodium as the catalytic metals, but a number also use platinum. Something like seven times as much palladium as rhodium is estimated to be used for autocatalyst applications globally. By contrast, in diesel vehicles, although the catalyst loading and catalyst size vary greatly, the metal formulation varies little, being mainly based on platinum or platinum-palladium. Platinum is easily the most efficient metal for reducing emissions from the oxygen-rich exhaust of the diesel engine.
Quelle: https://www.technology.matthey.com/resources/view-questions-answers/pgm-loading-recycling-rates-autocatalysts/
Beste Grüße
Bankhaus Rott