Die deutsche Wirtschaftsleistung verringerte sich im zweiten Jahresviertel 2019 leicht. Wörtlich schreibt die Bundesbank:

Der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes zufolge sank das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal saison- und kalenderbereinigt um 0,1 %. Der entsprechende Vorjahresstand wurde kalenderbereinigt um 0,4 % übertroffen. In der Grundtendenz war das Wirtschaftswachstum damit in den zurückliegenden vier Quartalen insgesamt zwar noch leicht positiv, unterschritt aber deutlich die Zunahme des Produktionspotenzials.

Nicht berücksichtigt wurde hierbei die fallende Inlandsnachfrage nach Investitionsgütern und die sinkende Produktion in der Investitionsgüterindustrie.

Nach der Pressemeldung des Statistischen Bundesamtes vom 06. August sank der Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe nach vorläufigen Zahlen um satte 3,6 % zum Vorjahresmonat (real und kalenderbereinigt). Im Mai gar um -8,4 % zum Vorjahresmonat (real und kalenderbereinigt).

Gaukler und Blender

Es ist traurig, aber das Statistische Bundesamt scheint bemüht, so lange an den Formulierungen zu feilen, bis sie dem politisch Gewünschten entsprechen.

Die Bundesbank übernimmt diese und baut darauf ihren einst sehr informativen Monatsbericht auf.

Wir scheinen in einer Zeit der Gaukler und Blender zu leben. Ohne zusätzliche Recherche, Überprüfung und Beobachtung kommt man zu keinem objektiven Bild mehr.

Brexit-Vorzieh- & weitere Sondereffekte fallen weg

Laut Bundesbank spielten für den Rückgang des BIP im Frühjahr mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen verstärkte sich, vor dem Hintergrund gesunkener Nachfrage aus dem Ausland, der Abschwung in der Industrie sogar noch etwas.

Hierzu trug bei, dass der zunächst für Ende März angesetzte Brexit-Termin im Vereinigten Königreich umfangreiche Vorratskäufe im Winter zur Folge hatte. Daher fielen im Frühjahr die Ausfuhren dorthin besonders schwach aus. Zum anderen bremsten Sondereffekte, die die Konjunktur im ersten Quartal gestützt hatten, die grundsätzlich noch intakten binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte im Frühjahr spürbar.

Bauproduktion schwächelt

Auch die Bauproduktion fiel kräftig, nachdem sie im Winter witterungsbedingt stark gestiegen war.

Autokäufe rückläufig

Bei den Autokäufen wiederum war die Nachfrage, die sich aufgrund von Lieferengpässen im vergangenen Jahr aufgestaut hatte, im ersten Jahresviertel weitgehend befriedigt worden und stieg im Berichtsquartal nicht mehr.

Dies dämpfte den privaten Konsum. Der leichte Rückgang der Wirtschaftsleistung im Frühjahr war recht breit über die Branchen verteilt. Lediglich der Einzelhandel und einige sonstige Dienstleistungsbereiche dürften für positive Impulse gesorgt haben.

Großhandel und Industrie schwach

Der Großhandel geriet in den Abwärtssog der Industrie. Auch auf der Nachfrageseite schwächelte die Wirtschaftsaktivität auf breiter Basis. Der private Verbrauch dürfte nur wenig über das Niveau des starken Vorquartals hinausgekommen sein. Die Exporte sanken kräftig.

Die Aussage der Bundesbank

Vor diesem Hintergrund und angesichts der rückläufigen Kapazitätsauslastung sowie der gedämpften Perspektiven im Verarbeitenden Gewerbe hielten sich die Unternehmen bei Investitionen in neue Ausrüstungen und Anlagen vermutlich zurück“,

grenzt schon an eine Frechheit, wenn man sich die Zahlen weiter oben ansieht.

Nach den gegenwärtig verfügbaren Daten ist zu erwarten, dass die industrielle Erzeugung auch im laufenden Jahresviertel merklich schrumpfen wird. So gingen bei den Unternehmen im Frühjahr deutlich weniger Aufträge ein als im bereits schwachen Vorquartal. Ferner trübten sich die kurzfristigen Produktions- und Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe laut ifo Institut zuletzt nochmals ein.

Nun erwischt es den Arbeitsmarkt

Wie geschrieben befanden sich auch die Bauinvestitionen im Rückwärtsgang. Lediglich der Staatsverbrauch könnte die Konjunktur nennenswert gestützt haben.

Die bereits seit einem Jahr anhaltende konjunkturelle Schwäche hinterließ im Frühjahr nunmehr auch Spuren am deutschen Arbeitsmarkt. So wuchs die Beschäftigung im Berichtszeitraum erheblich langsamer als in den vorangegangenen Vierteljahren. Dies gilt vor allem mit Blick auf die zuvor kräftig gestiegene Zahl sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer. Die Aussichten für die nächsten Monate auf dem Arbeitsmarkt trübten sich nochmals ein.

Ausblick

Die deutsche Konjunktur bleibt voraussichtlich auch im Sommer 2019 schwunglos. Die gesamtwirtschaftliche Leistung könnte erneut leicht zurückgehen. Ausschlaggebend dafür ist der weiter anhaltende Abschwung in der Industrie.

Auch in der Baubranche blickten die Unternehmen in einigen Dienstleistungsbereichen zuletzt weniger zuversichtlich in die Zukunft. Die Einkommensperspektiven der privaten Haushalte sind zwar immer noch günstig, aber inzwischen sind erste Spuren der Konjunkturflaute auch auf dem Arbeitsmarkt erkennbar.

Fazit

Die Bundesbank beschönigt im Zusammenspiel mit dem Statistischen Bundesamt die tatsächliche Situation. Diese ist beinhart. Die Industrie schrumpft. Die Weltwirtschaft liefert für die deutsche Exportindustrie so schlechte Zahlen wie schon lange nicht.

Letztlich liefern diese die Realität abschwächenden Berichte und Statistiken der Politik einen Vorwand für die zu beobachtende Passivität.

Die Frage ist nur, ob die Regierung solche Berichte verlangt oder ob die Verfasser in vorauseilendem Gehorsam „gefällig“ sein möchten. Man weiß nicht, was schlimmer ist. Wichtige und dringend erforderliche Weichenstellungen werden und wurden dadurch bereits verpasst. Bei der laufenden Deindustriealisierung Deutschlands ist schwer einzuschätzen, ob seitens der Verantwortlichen absichtlich so gehandelt wird.

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